Statement von David Klinkhammer zu den Einträgen im Gästebuch von Frau TV

Sendung von Frau TV am 23.9.2010 zum Thema „Gewalt gegen Frauen in Computerspielen“

Ein Statement von David Klinkhammer zu den Einträgen im Gästebuch

Verbote: Weder Regine noch ich fordern Verbote. Warum? Verbote erfüllen erst dann ihren Zweck, wenn eine Einhaltung gewährleistet ist bzw. kontrolliert werden kann. Gleiches gilt für Alterseinstufungen der USK. Die einzige Möglichkeit in der Öffentlichkeit zu überprüfen, ob, beispielsweise, ein 12jähriger ein Spiel mit dem USK-Siegel ab 16 erwirbt ist die Alterskontrolle in den jeweiligen Geschäfte oder bei großen Online-Handelshäusern. Wenn die Spiele jedoch entweder von älteren Bekannten/Verwandten, als Raubkopie aus dem Internet, von Privatverkäufern in Onlineshops oder anderen Quellen bezogen werden, verliert die Einstufung oder das Verbot jegliche Wirkung. Dadurch wird klar, dass die letzte wirkungsvolle Instanz bei der Kontrolle nur die Eltern sein können. Doch nach wie vor sind viele der Eltern in ihrer Kindheit komplett ohne Videospiele aufgewachsen. Sie haben oft keinen Zugang zu diesem Medium und darum hat es sich Regine zur Aufgabe gemacht in ihren Vorträgen Eltern und Pädagogen über alle möglichen Spielinhalte aufzuklären. Jeder der Gelegenheit bekommt sollte sich einen ihrer Vorträge anschauen um sich von ihrer Fachkompetenz zu überzeugen. Als Quelle für die Fakten in diesem Abschnitt gebe ich die FAQs der USK an.

http://www.usk.de/die-usk/faqs/

Weiterführend sind aber auch folgende Links der USK-Seite interessant:

http://www.usk.de/fileadmin/documents/grundsaetze-der-USK-2006.pdf

http://www.usk.de/pruefverfahren/pruefverfahren/

http://www.usk.de/pruefverfahren/alterskennzeichen/

Vergleich zwischen Film und Videospiel: Als häufiges Argument für gewalthaltige Videospielen wird oft der Vergleich zu bestimmten Filmszenen herangezogen. Dieser Vergleich erscheint auch erst einmal logisch, da das Medium Film im Gegensatz zu anderen Unterhaltungsmedien wie Büchern, Hörspielen, Zeitungsberichten etc. die meisten Parallelen in der Darstellungsform zum Medium des Videospiels aufweist. Bei diesem Vergleich wird jedoch oft die wichtigste Abgrenzung zu anderen Medien und zugleich der größter Reizfaktor bei Videospielen vernachlässigt. Die Interaktivität. Ich bin nicht passiver Beobachter einer fiktiven Welt sondern der Hauptakteur.

Das Maß an Freiheiten des Hauptakteurs hängt unter anderem stark vom Genre ab. Hier muss klar differenziert werden da eine mögliche  Identifizierung mit der Spielfigur durch z.B Open-World Spiele begünstigt wird. Somit stelle ich fest, dass der Vergleich zu Filmen bei der Frage „Wie empfinde ich das Erlebte?“ unangebracht ist. Auch wenn eine Szene inhaltsgleich in verschiedenen Unterhaltungsmedien dargestellt wird, empfinden wir sie anders. Dabei möchte ich die  Diskussion über die Wirkung des Erlebten an dieser Stelle einmal außen vor lassen.

Hier ein weiterführender Artikel in dem das Phänomen Open-World in Videospielen, meiner Meinung nach, sehr treffend  dargestellt wird:

http://www.pcgames.de/Panorama-Thema-233992/Specials/Freiheit-auf-Knopfdruck-Die-Faszination-der-Open-World-Spiele-wie-GTA-und-Co-749930/

Erwachsene können selber entscheiden was sie sehen/spielen wollen: Dem stimme ich mit einigen Vorbehalten zu. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten. Das trifft auch auf die Freizeitgestaltung zu. Doch wo die meisten Erwachsenen mit Hilfe ihrer Fähigkeit zur (Selbst)-Reflexion auf ein gefestigtes Moralverständnis/-empfinden zurückgreifen können, benötigen Kinder und Jugendliche oft die Unterstützung von Eltern und Pädagogen um Situation und Emotionen für sich richtig einzuordnen. Doch solange der Jugendmedienschutz wie, oben beschrieben, derartige Lücken aufweist muss man immer davon ausgehen, dass Kinder und Jugendliche Videospiele spielen die für ihre Altersgruppe entwicklungsgefährdend sein können. Daher sollte man korrekter Weise sagen, dass jeder Mensch entscheiden sollte, was er spielen möchte und mit dieser Ansicht stimme ich nicht überein. Darüber hinaus denke ich, um etwas konkreter zu werden, dass Red Dead Redemption auch ohne die Möglichkeit (oder die Bedingung für eine Trophäe/Archievement) eine Frau gefesselt vor einen Zug zu legen ein faszinierendes Spiel wäre und niemand eine solche Funktion vermisst hätte. Sei diese Szene nun ein bekanntes Westernmotiv oder nicht.

Auswirkungen von Gewaltszenen in Videospielen: In der öffentlichen Auseinandersetzung mit Videospielen ist die Frage nach den Auswirkungen von Gewaltinhalten neben der Onlinespielesucht ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Oft werden in der Öffentlichkeit sehr pauschalisierende Schlussfolgerungen aus Medienbericht gezogen wie: Medien: „Amokläufer spielte gewalttätige Videospiele“ (Quelle: http://www.welt.de/vermischtes/article3361746/Amoklaeufer-spielte-gewalttaetige-Videospiele.html) mögliche Schlussfolgerungen: Videospiele machen aggressiv und fördern Amokläufe. Eine kleine Recherche bei Google.de mit den Schlagworten „Amoklauf“, „Videospiele“ und „agressiv“ macht aber relativ deutlich, dass sich so schnell keine seriöse Quellen finden lässt die eine solche Schlussfolgerungen publiziert. Auch weder Regine noch das KfN haben jemals diese Haltung angenommen. Alle Behauptungen die Regine in der Öffentlichkeit aufstellt lassen sich wissenschaftliche Quellen zurückführen. Das trifft auch auf die Aussagen zu die in der Frau.TV-Sendung getroffen worden sind. Dennoch vertreten Regine und ich die Ansicht, dass Videospiele ein Risikofaktor sind. Diese Aussage bezieht sich auf das Risikofaktorenmodell, dass ursprünglich aus dem Gesundheitswesen stammt. Diese Theorie dient dazu den Ursprung von Krankheiten festzustellen und besagt, dass bestimmte Aspekte im Leben eines Menschen einen Risikofaktor darstellen können. Ein gutes Beispiel ist das Rauchen von Zigaretten. Nach dem Risikofaktorenmodell ist das Rauchen ein Risikofaktor für verschiedene Krankheitsbilder (z.B. Lungenkrebs). Es gibt aber Raucher, die sterben, ohne jemals Lungenkrebs gehabt zu haben. Andererseits gibt es aber auch solche Menschen, die niemals geraucht haben und trotzdem an Lungenkrebs sterben. Genauso verhält es sich mit Videospielen. Sie sind ein Risikofaktor für Krankheitsbilder auf unterschiedlichen Ebenen. Zum einen kann durch das ständige Sitzen und den Bewegungsmangel das Entstehen Fettleibigkeit und möglichen Folgeerkrankungen begünstigt werden (physische Ebene), zum anderen kann es passieren, dass man sich durch exzessives Spielen von Videospielen von seinen Freunden und der Familie immer mehr zurückzieht (gesellschaftliche Ebene). Außerdem kann es vorkommen, dass Kinder und Jugendliche die schulischen Pflichten vernachlässigen deren Folgen zu Depressionen führen können (psychische Ebene). Unsere Behauptung ist also: Videospiele machen niemanden gewaltätig aber sie das Entstehen von bestimmten Krankheitsbildern begünstigen. Und schließlich wird jeder Arzt der sich mit dem Risikofaktorenmodell beschäftigt seinen Patienten raten, die Liste seiner persönlichen Risikofaktoren zu minimieren. Ganz gleich, ob der Patient nun eine Disposition für ein bestimmtes Krankheitsbild hat oder nicht.

Ein Statement von David Klinkhammer